
CO2-Kompensation - moderner Ablasshandel oder eine gute Alternative?
Aktuell verspricht Volkswagen als einer der ersten Autohersteller mit dem ID.3 ein "bilanziell" CO2 neutrales Fahrzeug, solange mit Ökostrom getankt wird. Auch soll bei der Produktion des Fahrzeugs und der Akkuzellen Ökostrom verwendet werden. Doch da auch VW nicht verhindern kann, dass bei der Produktion und Verarbeitung von Stahl und anderen Materialien CO2 Emissionen anfallen, kann das nicht so ganz stimmen. Wie also löst VW dieses Problem?
Sind doch einmal entlang der Lieferkette CO2-Emissionen unvermeidlich, dann werden diese durch Investitionen in Klimaschutzprojekte kompensiert.
Dieses Zitat stammt aus einer Medieninformation von VW zum ID.3. Auch Volkswagen kann also nicht zaubern, gibt uns aber den perfekten Anlass, die Klimakompensation, wie sie auch für Privatpersonen angeboten wird, mal genauer zu betrachten. Also wollen wir doch zuerst mal einen groben Blick auf die Funktionsweise der CO2 Kompensation werfen.
1. Berechnung der Emissionen
Bevor ich etwas kompensieren kann, muss ich das Ausmaß meiner Emissionen für die zu kompensierende Sache möglichst genau kennen. Dafür bieten einige Anbieter für die gängigen Vorgänge wie Flüge, Autofahrten, etc sehr genaue Berechnungstools an. Für andere Dinge, wie die Produktion von Industriegütern, ist meist eine genauere Betrachtung des Prozesses notwendig. Einige Anbieter bieten aber auch ein Berechnungstool Anhand verschiedener Kriterien an.
2. Maßnahmen
Grundsätzlich lassen sich die Maßnahmen, mit denen die Anbieter (beispielsweise Atmosfair, Climatefair, Klima-kollekte und Primaklima) die CO2-Emissionen ausgleichen wollen, in vier Kategorien unterteilen. Alle haben letztlich die Einsparung von CO2 Emissionen an anderen Orten zum Ziel.
Energieeffizienz
Im Bereich der Energieeffizienz handelt es sich bei vielen Projekten um Maßnahmen zur Einsparung von Feuerholz in sehr armen Entwicklungsländern. Mit effizienten Holzöfen kann die Abholzung von Wäldern eingedämmt werden. Gleichzeitig haben diese Öfen den positiven Effekt, dass die gesundheitliche Belastung durch Rauch zurückgeht und oft sogar ein finanzieller Vorteil für die Anwender besteht. Allerdings gibt es durchaus auch Projekte, die durch effiziente Beleuchtung in Deutschland Strom einsparen.
Energieerzeugung
Die Förderung von Windkraft, Solarthermie, Photovoltaik und Biogas, bevorzugt in Ländern, in denen diese noch nicht bekannt oder verbreitet sind, beschreibt die zweite Art von Projekten zur Kompensation.
Aufforstung
Durch das Anlegen und Erhalten von Wäldern wird viel CO2 aus der Atmosphäre gezogen und gespeichert. Zusätzlich haben diese Projekte oft auch einen positiven Einfluss auf die Regionen, in denen sie durchgeführt werden. So entstehen Arbeitsplätze in meist wirtschaftlich schwachen Regionen, Früchte und andere Produkte entstehen als Nebenprodukt und tragen zur Ernährung bei.
Bildung
Als Unterrichtseinheiten an Schulen oder ähnliche Arten der Wissensvermittlung sollen Menschen dazu bewegt werden, durch bewusstes Handeln CO2 Emissionen einzusparen. Emissionen, die gar nicht erst entstehen, müssen schlussendlich auch nicht kompensiert werden.
Positive Auswirkungen
Neben der offensichtlichen positiven Auswirkungen, die durch die Projekte erreicht werden, gibt es natürlich auch noch weitere Auswirkungen. Für Unternehmen liegen diese zum einen im Bereich Marketing. Denn wenn ein Unternehmen damit werben kann, Klimaneutral zu handeln, hat das nicht nur Vorteile im Endkundenbereich, wo eine deutlich größere Zielgruppe angesprochen werden kann, sondern auch im B2B Bereich, da Unternehmen - wie z.B. VW im Beispiel zu Beginn - natürlich lieber den Anbieter wählen, der schon weniger CO2 ausstößt, um nachher Kosten bei der Kompensation zu sparen. Auch auf dem Arbeitsmarkt wird es für eine wachsende Anzahl von potenziellen Mitarbeitern immer wichtiger, in einem Unternehmen mit positivem Einfluss auf das Klima zu arbeiten. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels in vielen Branchen kann das den entscheidenden Unterschied machen. Auch eine wachsende Zahl von Banken achtet darauf, wie das Geld der Kunden investiert wird. Beispiele sind hier zum Beispiel die DKB oder das Start-Up Tomorrow.
Negative Auswirkungen
Natürlich hat die CO2 Kompensation auch negative Auswirkungen. So lädt eine Kompensation grundsätzlich dazu ein, diese in die Kosten mit einzukalkulieren und einfach so weiter zu machen, wie zuvor. Für Unternehmen bzw. deren Mitarbeiter kann dadurch die Meinung entstehen, dass "ja eh kompensiert wird, also muss ich jetzt auch nicht mehr einsparen". Auch wird ggf. mit den Kompensationen in Wirtschaftssysteme von Entwicklungsländern eingegriffen, ähnlich der Problematik mit Kleiderspenden oder billigen Hühnerfüßen, die nach Afrika exportiert werden und den lokalen Markt unter Druck setzen.
Fazit
Für Unternehmen und Privatpersonen gilt nach wie vor, dass eine nicht produzierte CO2 Emission die beste ist. Doch natürlich können nicht alle Emissionen verhindert werden. Daher ist es definitiv gut, wenn wir Emissionen kompensieren, anstatt gar nichts zu unternehmen. Gleichzeitig steigert die CO2 Kompensation auch das Bewusstsein im Unternehmen für die Problematik. Solange die CO2 Kompensation also nicht als einziges Instrument zur Verringerung der Emissionen genutzt wird, ist sie definitiv zu empfehlen. Durch die weitere Reduzierung von Emissionen wird anschließend auch die Kompensation mit der Zeit geringer.
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